Neuronaler Netz Preis 1998 / Neural Net Award 1998
Der "Neuronale-Netz-Preis der GNNS" für hervorragende Dissertationen wird
für 1998 an Herrn Dr. Richard Kempter (TU München) für seine Arbeit
"Hebb'sches Lernen zeitlicher Codierung: Theorie der Schallortung im
Hoersystem der Schleiereule" (Betreuer: Prof. Dr. L. van Hemmen) vergeben.
Laudatio:
Die Dissertation präsentiert eine umfassende Analyse des folgenden
Problems. Schleiereulen können Mäuse in völliger Dunkelheit fangen, wobei
sie zur Ortung der Beute vor allem ihren Hörsinn verwenden. Dies setzt eine
extrem hohe zeitliche Präzision (im Mikrosekundenbereich) bei der
neuronalen Signalverarbeitung voraus, die von keiner anderen Spezies
erreicht wird. In dieser Arbeit werden anhand des Modellsystems Eule
beispielhaft Lösungen zu grundsätzlichen Fragen der zeitlichen
Verarbeitung, Codierung, Repräsentation und Speicherung von akustischen
Signalen erarbeitet, die sich auch auf andere Bereiche des Gehirns
übertragen lassen. Der Schlüssel zum Verständnis liegt in einer
hochgradig nicht-trivialen Erweiterung der sogenannten Hebbschen Regel, die
beschreibt, wie Verbindungen zwischen Neuronen gelernt werden. Dieses Schema
wurde um die Dimension Zeit erweitert, was zu einem zeitlichen Feintuning
der synaptischen Verbindungen führt und eine völlig neue Interpretation
des neuronalen Codes erlaubt. Die Arbeit besticht nicht nur durch ihren
Ideenreichtum, sondern auch durch eine beispielhafte mathematische Analyse
des Lernprozesses, so daß zum ersten Mal das raumzeitliche Lernen mit
zeitlicher Auflösung im Mikrosekundenbereich in einem umfassenden
Formalismus behandelbar wird.